Wie Corona und Kapitalismus zusammenhängen

Wie Corona und Kapitalismus zusammenhängen

So wie über die Corona-Krise gesprochen wird, entsteht oft der Eindruck, sie sei wie eine Naturkatastrophe oder ein Angriff von Außerirdischen von Außen über uns hinein gebrochen – und die getroffenen Maßnahmen (zumindest im eigenem Land) im Großen und Ganzen rational und alternativlos, nur von wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Natur des gefährlichen Erregers bestimmt. Mit diesem Text will ich dem die These entgegenstellen, dass sowohl der Ausbruch, als auch jede Phase der darauf folgenden Krise und ihrer politischen Antworten durch das kapitalistische und nationalstaatliche System geprägt sind, also mit Naturkatastrophen allenfalls vergleichbar, mit den Waldbrände oder Stürmen, die durch den menschengemachten Klimawandel ausgelöst werden.

Die Geburt einer Pandemie – oder weitere Gründe warum die Nahrungsmittelindustrie ungesund ist.

Wie sich SARS-CoV-2 das erste mal auf den Menschen übertragen hat, ist noch nicht abschließend erklärt. Die (mittlerweile in Frage gestellte) Hypothese, dass der Virus auf einem örtlichen wet market ausgebrochen sei, hat verbreitete Narrative bestärkt, welche die Verantwortung für diese und ähnliche Erkrankungen in das „Fremde“, „unkultivierte“ verlegen und in lustvoll-rassistischen Ausschmückungen über „deren“ „rückständige“ Lebensweise in sozialen Netzwerken ihren Höhepunkt finden – ganz als wäre un-westliche Lebensweise eine der dringlichsten Risiken der globalen Gesundheit, die zuallererst anzugehen wäre. Es ist leicht zu sehen, warum es attraktiv ist, die Gefährdung durch Pandemien als etwas darzustellen, dass von „den Anderen“ ausgeht. Auch deswegen zuerst ein paar Sätze zum Zusammenhang zwischen Pandemien und dem normalen Lauf „unserer“ globalen Wirtschaftsordnung:

Für Holzgewinnung und die industrielle Landwirtschaft (v.a. für riesige Monokulturen von Soja und Mais, welche in der Massentierhaltung gebraucht werden) werden bestehende Waldflächen immer weiter verringert. Zuvor von Kleinbäuer*innen bewirtschafteten Flächen werden vereinheitlicht. Dies führt zu einem Verlust der Artenvielfalt. Wenn mehr Tiere einer Art im selben Lebensraum vorkommen, können sich Infektionskrankheiten zwischen ihnen Art besser verbreiten. Die verbliebenen Tiere verlagern außerdem ihre Lebensräume und nähern sich denen der Menschen an.1

Die riesigen Städte in denen zunehmend landlose Bevölkerungen nach Arbeit suchen und die entsprechenden Slums, in denen die dort ausgebeuteten Menschen ohne grundlegende sanitären Einrichtungen oder die Möglichkeit Nutztiere und Menschen auf Abstand zu halten leben müssen, schaffen ideale Voraussetzungen für die Ausbreitungen neuer Krankheiten. Auch wilde Tiere, wie Fledermäuse, finden dort zunehmend Zuflucht und Nahrung, wenn Wälder durch Klimawandel und Industrie verwüstet werden.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Pandemie ihre Ursprünge in der Massentierhaltung hat, eine Gefahr vor der Wissenschaftler*innen seit langem warnen2.

Die industrielle Tierhaltung schafft im Allgemeinen ideale Populationen zur Ausbreitung ansteckender Krankheiten. Die Tiere leben in riesigen Mengen auf beengtem Raum, die Infektionsraten sind entsprechend riesig. Da es sich um überzüchtete genetische Monokulturen handelt, die (unter anderem) unter massivem Stress und mangelnder Hygiene leiden, sind die natürlichen Immunreaktionen entsprechend gering. Der hohe Umschlag sorgt für einen ständig neuen Vorrat an anfälligen Wirtstieren.

Über Schwierigkeiten die Ansteckungsrate zu senken – oder: Warum Wirtschaftswachstum und Infektionsschutz so schlecht zusammen passen.

Ausgehend von der Provinz Hubei breitet sich die Krankheit – unterstützt durch Geheimhaltung, Desinformation und Beschwichtigungen3 – über den Tourismus und die globalisierte Wirtschaft weltweit aus. Nach einiger Abwägung reagieren die meisten Staaten mit drastischen Einschränkungen – vor allem des öffentlichen Lebens und der bürgerlichen Grundrechte. Was kaum diskutiert, in der Regel einfach stillschweigend unterstellt wird, ist, das die Arbeit in Fabriken und Büros möglichst ungehindert weitergehen muss, unabhängig davon, wie wichtig die produzierten Güter sind.

Warum das eigentlich so ist, scheint sich kaum jemand zu wundern – ein Zeichen dafür, wie gut wir alle von Kindheit an, an die Sachzwangslogik des Kapitalismus gewöhnt sind. Aber man könnte da ja auch mal innehalten und ganz naiv fragen: Warum können Unternehmen, deren Produkte nicht besonders wichtig sind (oder – wie günstige Flüge oder Hotels – einfach im Moment nicht gefragt) nicht einfach für ein paar Monate die Arbeit einstellen? Weder die Räumlichkeiten, noch die Produktionsmittel würden in der Zeit kaputt gehen und die Arbeiter*innen haben ihr Handwerk sicher auch nicht innerhalb weniger Wochen verlernt…

Aber es stimmt ja und zeigt sich in den betroffeneren Branchen gerade überall: Unternehmen, die im Kapitalismus auf Pause schalten, stehen innerhalb kürzester Zeit Finanzierungsnöten gegenüber. Und kann dann – auch wenn der Bedarf an den Produkten wieder oder weiter besteht – vielleicht gar nichts mehr produziert werden.

Also bleiben die Fabriken geöffnet und dort wird sich auf rege weiter angesteckt.4 Schutzmaßnahmen bleiben größtenteils der „Eigenverantwortung“ der Unternehmen überlassen, die sich – je nach Wert der Arbeitskraft – eher sparsam zeigen. Die Gesundheit der Wirtschaft wird so über die der Bevölkerung priorisiert. Das ist nicht überraschend, muss jedoch auch nicht als quasi natürliche Selbstverständlichkeit akzeptiert werden. Eine Produktionsweise, die auf Bedürfnisbefriedigung, statt Kapitalvermehrung verpflichtet ist, hätte aller Wahrscheinlichkeit nach kein Problem damit, die Produktion einfach für ein paar Monate runterzufahren und dann sämtliche produktiven Ressourcen einfach weiterzunutzen wie zuvor. Warum auch?

Immerhin soll, wenn möglich, die Arbeit ins Home-Office verlegt werden (wo sich, vor allem weiblich-gelesene, Arbeitskräfte dann parallel um die zu Hause bleibenden Kinder und anderer Care-Arbeit kümmern müssen). Unternehmen im Nonfood-Einzelhandel schließen zeitweise, die Gastronomie sowie die Reise- und Veranstaltungsbranche muss mit größeren Einschränkungen umgehen (deren Kosten sie, wo möglich, auf die Arbeiter*innen abwälzen5).

Noch vor Umsetzung dieser Regelungen, wird auch schon über sie gestritten. Nach knapp zwei Monaten ist sind sich Politik und Öffentlichkeit mehr oder weniger einig: Öffnungen müssen her – und zwar schnell. Weniger um die Grundrechte und das Lebensgefühl der Bevölkerung zu schützen – sondern vor allem weil die Wirtschaft den sinkenden Konsum nicht aushält.
Die Pandemie ist zwar alles andere als unter Kontrolle6 und Infektions- wie Todeszahlen werden nach der Öffnung voraussichtlich wieder ansteigen, aber „offensichtlich“ können Unternehmen keinen längeren Ausnahmezustand aushalten. Manche machen sich sogar Sorgen, ob die Menschen nach dieser längeren Ruhepause überhaupt noch Lust empfinden, zu ihrem vorherigen Konsumgewohnheiten zurückzukehren. Auf jeden Fall seien das Wirtschaftswachstum und damit auch die Arbeitsplätze und letztlich die Versorgung der Gesellschaft insgesamt gefährdet. So gab die OECD schon im März zu bedenken, dass jeder Monat, in dem in einem Staat Ausgangsbeschränkungen existieren, „das jährliche Wirtschaftswachstum um zwei Prozentpunkte“ senkt. Während die Korona-Krise andauert, sieht mensch sich mit einer weiteren, mit ihr politisch in Konkurrenz gesetzten, konfrontiert: der bevorstehenden Weltwirtschaftskrise.

Laut Wikipedia handelt es sich bei einer solchen Krise um die Phase einer deutlich negativen Entwicklung des Wirtschaftswachstums. Auch hier könnte mensch naiv nachfragen, was denn das schlechte daran sei. Warum sollte eine Wirtschaft immer weiter wachsen müssen – noch dazu in Zeiten einer bedrohlichen Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung. Was ist denn an der Produktivität von bsplw. 2015 auszusetzen? Damals liesen sich doch – zumindest theoretisch – auch schon alle Menschen gut versorgen.7 Es ist ja nicht so als sei die europäische Bevölkerung seitdem maßgeblich gestiegen. Und ist es nicht eigentlich etwas gutes, wenn die Produktivität höher ist als die Nachfrage? Alle dürfen ein paar Stunden weniger arbeiten? Nein?

Leider Nein. Im Kapitalismus führt einbrechender Konsum leider nicht einfach zu ausgedehnter Freizeit. Es wird nicht nur etwas weniger von etwa der neusten Klamotten- und Automode produziert, sondern die Produktion wird durch die vielbeschworene unsichtbare Hand des Marktes in eine Abwärtsspirale gedrückt, durch welche sie zu größeren Teilen vollständig zum Stehen kommt. In einer Wirtschaftskrise ist dann zwar noch alles Notwendige unbeschadet vorhanden, um all die nützlichen Dinge zu produzieren, aber fürs Gewinne machen auf dem Markt lohnt es sich nicht mehr. Auch dort, wo es noch nachgefragt wird, auch dort wo sogar Grundbedürfnisse betroffen sind.

Nicht alle äußern sich so radikal wie diejenigen Neoliberalen und Konservativen, die wörtlich dazu auffordern für das Wirtschaftswachstum der Nation zu sterben8 – aber die allgemeine Botschaft der Politik und Öffentlichkeit ist klar: „die Profite haben schon genug gelitten, mehr geht nun wirklich nicht!“. Und von diesen Profiten ist in dieser Gesellschaft eben alles – vom Arbeitslosengeld bis zur Versorgung von Kranken und Alten – abhängig gemacht. Demgegenüber muss ein Bestehen auf den Schutz der körperlichen Unversehrtheit naiv erscheinen.

Die Angst vor überlasteten Krankenhäusern – oder warum wirtschaftliche Vernunft ungesund ist.

Flatten the Curve“ – so lautet zusammengekürzt das Prinzip, um dessen Einhaltung sich die Maßnahmen der (meisten) Regierenden bemühen. Die Ansteckungsrate soll so weit gesenkt werden, dass sich die Erkrankungen auf einen ausreichenden Zeitraum verteilen und so die Kapazitäten des Gesundheitssystems nicht überlasten. Das wirkt erst einmal sehr sachlich und unpolitisch. Nun zeigt sich, dass der erste Faktor, die Ansteckungsrate, sehr vom Fortlaufen der Profite abhängig gemacht wird.

Wie sieht es mit der Obergrenze, den Kapazitäten der Gesundheitssysteme aus?

Schon seit langem kämpfen Angestellte im Gesundheitssystem gegen schlechte Arbeitsbedingungen, Unterbezahlung und Unterbesetzung. In den letzten Jahren wurde das Gesundheitswesen in Deutschland zunehmend nach marktwirtschaftlichen Prinzipien umgebaut. Krankenhäuser wurden unter Druck gesetzt, Profite zu erwirtschaften und sich danach zu orientieren, welche Abteilungen, welche Behandlungen und welche Art Patient*in mehr Gewinn oder Kosten verursachen. Entsprechend unbequem erscheinen ihnen Krankheiten mit unbekannten und komplexen Verläufen. Die Auslastung der Betten muss unter dem Druck der Wirtschaftlichkeit ebenso maximiert werden wie die Zunahme der Arbeitsintensität. Da man bei den Geraten relativ wenig sparen kann, wird vor allem beim Personal gekürzt – und insbesondere bei der Pflege über Jahre hinweg Löhne gedrückt und Stellen abgebaut. Mittlerweile ist oft jeder Arbeitsschritt wie mit der Stoppuhr getaktet. Menschen die unter diesen Umständen arbeiten wollen, finden sich immer weniger, so das offene Stellen zunehmend weniger besetzt werden können.

Das Arbeit, die im Gesundheitssystem stattfindet, war auch vor COVID-19 für das Wohlbefinden und oft sogar (Über-)Leben der Betroffen zentral. Und (fast) niemand konnte ausschließen, mal im Krankenhaus oder Altenheim zu landen – und dann von den dortigen Bedingungen abhängig zu sein. Trotzdem bleibt die Versorgung schon immer weit hinter den Möglichkeiten und Bedürfnissen zurück, auch in reichen Ländern, wie Deutschland oder Amerika. Es wurden sogar in wirtschaftlich „guten“ Zeiten massenhaft Kapazitäten abgebaut. Dabei ist es nicht so, dass sich je ein Patient über freie Betten, zu viel Aufmerksamkeit der Pfleger*innen oder halbwegs ausgeschlafene Ärzt*innen beschwert hätte. Die Erfahrung sind hier eher volle Zimmer oder das Schlafen auf dem Gang, was schon wegen der Lautstärke einer Heilung (geschweige denn schönen Zeit) sehr entgegen wirkt. Das monatelange Warten auf wichtige Operationen erscheint auch nicht besonders erstrebenswert. Und dem Personal und den Bewohner*innen der Pflegeeinrichtungen würde es sicher gut tun, etwas mehr soziale Zeit miteinander verbringen zu können.

Warum wird, gerade wo Arbeitsplätze doch angeblich so wichtig sind, dann nicht mal massenhaft zusätzliche Arbeit in diese Bereiche gelenkt? Sicher nicht einfach aufgrund von mangelnder Wertschätzung oder der falschen Prioritätensetzung – als würde sich iergendjemand dafür aussprechen, statt für ein gutes Leben aller im Alter zu sorgen, doch lieber die Herstellung von allem Möglichen Plastikschrott zu priorisieren (solange er sich mit ausreichend Werbung gerade noch verkaufen lässt). Der Grund, weshalb dennoch genau das passiert, ist schlicht und einfach, dass sich mit der Gesundheit, zumindest der allermeisten, verhältnismäßig schlecht Geld verdienen lässt. Für den Staat treten sämtliche Einrichtungen und Maßnahmen, sofern er sich überhaupt darum kümmert, ohnehin erst einmal als Kosten auf. Geld das in die gesetzlichen Krankenkassen eingezahlt wird, ist ein Abstrich von den Gewinnen der Arbeitgeber oder dem Konsum der Arbeitnehmer. Und für private Unternehmen und Krankenkassen, die Gewinne erwirtschaften (müssen), stellt nur ein kleiner Teil der Bevölkerung attraktive Kundschaft dar9. Das Ausbauen von Kapazitäten für das eventuelle Eintreten einer Pandemie – und mögen Wissenschaftler noch so regelmäßig davor warnen, ist ökonomisch gesehen, ohnehin völlig unvernünftig.

So trifft Covid-19 auf ein, nach aller Vernunft der Marktwirtschaft zusammengeschrumpftes, dauerhaft möglichst komplett ausgelastetes Gesundheitssystem. Da die Normalversorgung in Krankenhäusern schon immer nahe an der Belastungsgrenze und unter teilweise skurrilen Arbeitsbedingungen stattfindet, gibt es wenig Luft nach oben. Also müssen folgerichtig alle nicht überlebenswichtigen Behandlungen erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben werden – und auf eine möglichst niedrige Infektionskurve gehofft. Womit die Resultate der profitorientierten Gesundheitsversorgung mit den Profiten der restlichen Wirtschaft aneinandergeraten (siehe oben) – und so von beiden Seiten auf eine gesundheitliche und/oder wirtschaftliche Krise hinwirken.

Dabei steht Deutschland mit seinem (noch10) vergleichsweise belastungsfähigem Gesundheitssystem besser da, als etwa Spanien und Griechenland, die im Zuge der ihnen im Rahmen der Eurokrise aufgebürdeten Austeritätspolitik massive Einschnitte in ihren Gesundheitssystemen vorgenommen haben – und auch deswegen eine deutlich höhere Todesrate zu verzeichnen müssen. Im globalen Süden, wo die Bevölkerung für das internationale Kapital größtenteils nur als billige Arbeitskraft von Interesse war und sich (auch) deswegen nie die Steuereinnahmen oder die wirtschaftliche Notwendigkeit für ein gutes Gesundheitssystem ergeben haben, wird die Lage noch schlimmer ausfallen.

Und so vieles mehr.

Das Thema Corona und Kapitalismus bleibt hier nur angerissen. Es liese sich noch einiges schreiben. Darüber etwa, wie die bestehenden sozialen Ungleichheiten die Last der Krise nicht nur sehr ungleich verteilen, sondern sie auch immer wieder aufs neue antreiben. Über Menschen die massenhaft Masken und Desinfektionsmittel aufkaufen um sie zu horrenden Preisen wieder zu verkaufen; rivalisierenden Fluggesellschaften die hunderte Geisterflüge fliegen, aus Angst ihre jeweiligen Slots auf den Flughafen zu verlieren; von den großen Pharmafirmen, welche die Entwicklung von neuen Antibiotika und Virostatika als unwirtschaftlich aufgegeben haben oder dem dem nationalen Gegeneinander der konkurrierende Nationalstaaten in Krisenzeiten.

Ich denke jedoch, dass auch die unvollständige Auseinandersetzung klar macht, dass wir es keineswegs mit einer Krise von Außen, sondern mit einer Krise durch unser politisches und wirtschaftliches System zu tun haben. Das Symptom heißt Corona, die Krankheit heißt Kapitalismus.

Autor*in: Finn
Mitglied der iabf

Fußnoten:

1 Vgl. https://www.bmbf.de/de/schuetzt-artenvielfalt-vor-epidemien-9022.html

2 Eine gute Zusammenfassung der Krankheitsgefahren, die von der Massentierhaltung ausgehen, findet sich in dem Buch „Big Farms Make Big Flu“ von Rob Wallace. Übrigens sieht auch Deutschlands Lieblingsvirologe Christian Drosten einen Zusammenhang zwischen der Ausbruch von Cov-19 und der industriellen Tierhaltung: „I don’t assume that it started at the food market in Wuhan. It is more likely to have started where the animal – the intermediate host – was bred.“[…]„There is an interesting piece of information from the old Sars literature. That virus was found in civet cats, but also in raccoon dogs – something the media overlooked. Raccoon dogs are a massive industry in China, where they are bred on farms and caught in the wild for their fur.“ (https://www.theguardian.com/world/2020/apr/26/virologist-christian-drosten-germany-coronavirus-expert-interview)

3 Neben autoritärer Regierungsführung stellt die, in der Regel offen geäußerte, Sorge um das ungehinderte Fortlaufen der Wirtschaft die zentrale Motivation zum Herunterspielen und Nicht-Handeln.

4 Ein drastisches, aber keineswegs singuläres Beispiel im globalen Westen sind die Schlafhöfe in den USA, wo (fast ausschließlich migrantische) Arbeitskräfte dicht an dicht in Akkordarbeit Tiere zerlegen müssen. Trotz über 10.000 Infektionsfällen und zahlreichen Toten läuft die Produktion größtenteils uneingeschränkt weiter. Mehr Abstand kann den Arbeiter*innen nicht eingeräumt werden, denn Platz ist teuer. Kranke und Verstorbene Arbeiter*innen lassen sich leichter ersetzen. (In Deutschland zeigt sich ein ähnliches Bild, wobei die von Infektionen betroffenen Schlachthöfe bisher wenigstens geschlossen werden)

5 Einige geraten aufgrund dieser Regelungen in existentielle Not. Insbesondere Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen. Insbesondere POCs und Queers. Auch in meinem Umfeld. Ich möchte das auf keinen Fall herunterspielen. Aber diese schreckliche Tatsache spricht nicht dafür, dass es grundsätzlich „vernünftiger“ ist, Betriebe während einer Pandemie möglichst am Laufen zu halten – sondern gegen die Unvernunft einer Gesellschaft, in der das Leben von Menschen so direkt und massiv vom wirtschaftlichem Erfolg dieser abhängig gemacht ist.

6 Die Zahl der Infizierten befindet sich in Deutschland zur Zeit (erste Maiwoche) auf einem Ähnlich selben Stand wie Mitte März – als die weitgehenden Maßnahmen zum Infektionsschutz gerade eingeführt wurden.

7 Übrigens im globalen Umfang. So konnte die globale Landwirtschaft im Jahr 2016 (laut der UN Organisation für Ernährung und Landwirtschaft FAO) mehr als 12 Milliarden Menschen ernähren. Auch an Luxus und Zerstreuungsmöglichkeiten hatte es damals, zumindest in Europa, kaum gemangelt, allenfalls was deren Verteilung angeht.

8 So behauptet etwa der konservative Fernsehmoderator Glenn Beck: „[…] there are Millions of Americans, just like me, that will look at their children and their grandchildrens future and say – I am not going to have them a slave to debt, I am not going to erease their future because I was afraid to die. I am not afraid to die, I am afraid that our nation might die […]“. Ein allgemeines Gesundheitssystem, oder das Verhindern des menschengemachten Klimawandels war diesem und ähnlichen „Zukunftsrettern“ allerdings noch nie von Bedeutung.

9 Diejenigen müssen sich dann damit Auseinandersetzen, dass ihnen allerlei Behandlungen angeboten werden, die zwar gewinnbringend, aber für keineswegs immer gesundheitsfördernd sind.

10 Die andauernden Bestrebungen massenhaft Krankenhäuser einzustampfen, um bei angeblich nur geringfügig verlängerten Fahrt- und Wartezeiten teures Personal (oder dessen Mangel) und freie Betten einzusparen, waren bisher zum Glück nicht von Erfolg gekrönt (vgl. https://www.deutschlandfunk.de/kritik-an-bertelsmann-klinik-studie-man-laesst-die.694.de.html?dram:article_id=453941 ; https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2019/juli/eine-bessere-versorgung-ist-nur-mit-halb-so-vielen-kliniken-moeglich”)